
Deine Spuren im Sand
Da war jetzt in den Medien viel über grundlegende Probleme zwischen Bayerns Sportvorstand Hasan Salihamidzic und Trainer Hansi Flick zu lesen.
Das Ganze ist schon eine etwas ältere Debatte. Ursprünglich dadurch entstanden, dass der bei den Medien etwas unbeliebte Salihamidzic schon im Vorfeld für inkompetent gehalten wurde. Der Deutsch-Bosnier verkaufte sich selbst ein bisschen schlecht, dazu ist er nicht allzu medienfreundlich, sagt meistens eher gar nichts. Und wenn er mal den Mund aufmachte, dann fiel ihm das direkt auf die Füße wie zB. das bekundete Interesse an Callum Hudson-Odoi. Also sagt er möglichst wieder gar nichts.
Dem gegenüber ein Hansi Flick, der Erbe Niko Kovacs, der plötzlich alles richtig machte und den Bayern das erfolgreichste Jahr der Vereinsgeschichte bescherte. Was wirklich nicht leicht war, denn da lag die Messlatte ganz schön hoch. Dazu eine ruhige und sympathische Art – Flick war plötzlich der Liebling der Medien.
Das ist auch der Grund, warum Medien-Deutschland ihn gern als Bundestrainer hätte, denn das war sofort der erste Name, der nach Jogis Rücktritt in den Ring geworfen wurde. Und Kloppo natürlich, aber der dementierte sofort sein Interesse. Außerdem macht es ganz den Eindruck, als würde in Liverpool eine kleine Durststrecke verziehen, nach dem sensationellen Vorjahr, und der Erfolgstrainer nicht sofort gefeuert.
So ist es aber auch bei den Bayern, wobei die auch gerade nicht erfolglos sind, wenn man mal vom Pokal-Aus absieht. Trotz der extrem hohen Belastung der vergangenen Saison, wo es nach der langen Frühjahrspause eigentlich keine weitere gab und alle Wettbewerbe bis zu Ende durchgespielt wurden, gelang es Flick doch, seine erste Mannschaft auf Kurs zu halten. Und die Bayern wollen ihn nicht so gern weglassen.
Das gefällt den Medien eher weniger und irgendwem ist wohl auch aufgefallen, dass die Neuzugänge bislang nicht so viele Einsatzminuten bekommen haben. Also betrachtet Bild-Zeitungs-Deutschland dies als Affront Flicks gegenüber Salihamindzic, der ja für die Einkäufe zuständig ist.
Dann tritt noch ein Harald Stenger, Ex-Pressesprecher des DFB im „Doppelpass“ auf und sagt: „Was das Gesamtgebilde Bayern betrifft, staune ich schon, wenn man seine Einkaufspolitik sieht. Was er da in den Sand gesetzt hat und was er da geholt hat, welch freie Hand ihm gelassen wird.“ und auch: „Was mich so stutzig macht mit Blick auf die Bayern ist, dass es das erste war, bevor sich Flick geäußert hat, dass Salihamidzic den Nagelsmann als einen guten Trainer empfindet. Und das finde ich als ganz klares Zeichen, dass Salihamidzic froh wäre, wenn Flick weg wäre.“
Beide Schlussfolgerungen sind natürlich mehr als gewagt, denn einerseits kann man einen Trainer loben, ohne ihn gleich verpflichten zu wollen, andererseits kann man die neuen Spieler frühestens nach einer Saison beurteilen, eigentlich erst, wenn sie schon wieder gehen.
Im Normalfall hat man immer Neuzugänge, die sofort zünden und welche, die später oder gar nicht zünden. Auch ein Leon Goretzka und ein Kingsley Coman haben ihre Zeit gebraucht. Jedenfalls länger als Sané oder Choupo-Moting, die ihrer Rolle durchaus gerecht werden.
Dann gibt es auch ein seltsames Verständnis, was die Aufgabe des Sportvorstands angeht. In der Regel wünscht sich der Trainer Spieler für bestimmte Positionen, Scouts suchen nach passenden Spielertypen, Sportvorstand und Trainer gucken gemeinsam, wer geeignet ist und der Sportvorstand macht dann die Verträge, möglichst zum Wohle des Vereins. Der Trainer sieht dann zu, wie er die neuen Spieler integriert bekommt.
Das bestätigt auch Matthias Sammer, der einige Jahre selbst zum internen Kreis der Bayern gehört hat. „Hasan Salihamidzic wird gerade so hingestellt, als sei er für alle Transfers alleine verantwortlich. So habe ich das beim FC Bayern nie kennengelernt, das entspricht vermutlich nicht der Realität: Entscheidungen werden in München mit viel Kompetenz gemeinsam getroffen“
An den Verträgen hat schon mal niemand was zu meckern. Nie hat der FC Bayern im Verhältnis zum Marktwert günstiger Spieler erworben. Die Auswahl wird wohl nicht ohne Flick stattgefunden haben und kann deshalb eigentlich gar kein Streitpunkt sein. Also gibt es vielleicht gar keinen grundsätzlichen Streit.
Aber Hansi hat irgendwann im Bus zu Brazzo gesagt:“Jetzt halt doch einfach mal dein Maul.“ Sicher auch kein Indiz für ein grundlegendes Zerwürfnis. Wenn der doch bei einem Telefonat oder einem Gespräch dazwischenredet oder Hansi einfach nur abschalten will.
Die Spieler jedenfalls interessiert es nicht und die Bayern sind trotz Thiagos Abgang und schwächelnder Abwehr im Championsleague-Viertelfinale und lässiger Spitzenreiter in der Bundesliga.
Strukturelle Probleme sollte man also vielleicht woanders suchen.