
Kritik an den Bayern gibt normalerweise ein Echo, wie man es aus den Bergen kennt. Ja, auch nach dem offiziellen Ausscheiden des großen Uli Hoeneß aus sämtlichen Bayern-Ämtern gibt es noch die Abteilung Attacke. Normalerweise von Karl-Heinz Rummenigge besetzt, diesmal aber ganz überraschend durch den ansonsten bislang eher ruhigen Hansi Flick repräsentiert, der sich damit schon jetzt für das Präsidentenamt 2034 beworben hat.
Vorausgegangen war die Kritik des von den Medien zur SPD-Gesundheits-Koryphäe hochstilisierten Karl Lauterbach an der Club-WM und dem Fall Thomas Müller.
Thomas Müller war in Katar positiv auf Corona getestet worden, sofort in Quarantäne versetzt und dann mit einem Privatflieger der Kataris nach Deutschland zurückgeschickt worden. Das Endspiel fand aber statt, mit dem Ausgang, dass die Bayern sich den sechsten Titel innerhalb einer Saison holten und damit Fußball-Geschichte schrieben.
Eben dies gefiel Karl Lauterbach so gar nicht, er war der Meinung, die FIFA hätte das Endspiel trotz vorheriger negativer Tests aller Beteiligten nicht durchführen sollen, es wäre als „Signal verheerend“, gleichzeitig räumte er aber ein: „Wenn PCR-Tests kurz vor dem Spiel gemacht wurden, ist das Risiko gering.“ Auch zur Rückreise Müllers fand er kritische Worte: „Normalerweise wäre eine Reise mit bekannter Infektion natürlich undenkbar.“
Nun, die Rückreise war eine Entscheidung der Katari, die des Spiels eine der FIFA. Beide unterliegen nicht den hierzulande gültigen Regelungen. Dass bei beidem nicht mehr passiert ist, gibt den Entscheidern vielleicht sogar Recht.
In einer Pressekonferenz zur Partie gegen Bielefeld wurde aber Hansi Flick auf die Äußerungen angesprochen und nahm dazu sogar ungewöhnlich scharf Stellung: „Ich finde sowieso in der Diskussion mit Corona, so langsam kann man die sogenannten Experten gar nicht mehr hören. Auch Herrn Lauterbach: Er hat immer zu irgendwas etwas zu sagen, immer ein Thema, wo er sich wieder meldet“ und weiter „Ich finde die sogenannten Experten, die Politik, die sollen sich zusammensetzen, und wirklich mal eine Strategie entwickeln, dass man irgendwann mal wieder Licht im Tunnel sieht. Das ist aktuell zu wenig, finde ich.“
Großer Aufruhr im Netz: Wie sich privilegierte Fußballer so etwas herausnehmen können.
In Wahrheit aber hat Hansi Flick vollkommen Recht. Tatsächlich fehlen vernünftige Strategien. Alle setzen nur darauf, dass die Impfungen das Problem irgendwann in den Griff bekommen. Deshalb ist der Aufschrei ja auch so groß, wenn es gerade dort zu geringfügigen Verzögerungen kommt.
Viel zu kurz gekommen ist die Entwicklung bei Medikamenten, die ja einen sehr großen Beitrag zum harmloseren Verlauf der Krankheit bringen könnten.
Darüber hinaus hat sich offensichtlich niemand mit dem bisherigen Verlauf der Krise befasst. Im vergangenen Frühjahr hat gerade Deutschland die Situation sehr gut gemeistert und bei den schrittweise Lockerungen hat man sehr genau gesehen, welche Maßnahmen welche Effekte haben. Der große Anstieg im Herbst wurde durch Urlauber und durch Schulen oder Kitas verursacht und genau diese Punkte werden von Politikern und Presse am häufigsten genannt, wenn es um Lockerungen geht. Außengastronomie, Restaurants, Einzelhandel und Sportveranstaltungen waren trotz akribischer Dokumentation keine Hotspots und könnten eigentlich als erstes wieder an den Start gehen. Aber scheinbar hat nicht die Bekämpfung der Pandemie oberste Priorität, sondern die Einteilung in wichtige oder weniger wichtige Branchen.
Das gleiche gilt für die Regionen. Die Hauptverursacher sind ganz klar die großen Städte und wenn man mal mit wirklichen Zahlen, anstatt mit Prozenten rechnen würde, dann wäre das auch schnell deutlich. Der täglich kolportierte Inzidenzwert gibt ein vollkommen verzerrtes Bild der Lage: Ostbevern liegt bei aktuell insgesamt drei Infizierten bei einem Inzidenzwert von 36,3, Berlin läge bei 1280 wöchentlichen Neuinfizierten unter 35. Was ist wohl schlimmer?
Man könnte also jetzt die Ortschaften voneinander trennen und allen, die auf null sind, wie z. B heute Everswinkel, alles genehmigen. Natürlich nur für Einheimische und Menschen aus anderen Null-Infektions-Orten. Wohlgemerkt nach Orten, nicht nach Kreisen, denn nur Verwaltungen sind kreisweit orientiert, Menschen eher nicht. Das wäre auch ein Ansporn, augenblicklich profitiert kein Ort davon, wenn sich Menschen vernünftig verhalten. Die Städte sollen aber mal schön unter hundert Personen kommen, wie es Münster gerade vorbildlich vormacht.
So was in der Art hat Hansi Flick gemeint, während Karl Lauterbach für eine Ausgangssperre nach 20.00 Uhr plädiert. Würde nur dazu führen, dass die Öffnungszeiten der Lebensmittelhändler zusammengestrichen werden, wo doch zur Rush-Hour schon wirklich genug Betrieb herrscht.
Man muss also weder Politiker noch Gesundheitsexperte sein, um Strategien zu entwickeln. Das können eher Menschen, die es gewohnt sind, täglich Zahlen auszuwerten und Problemlösungen zu finden. Und klappt ja bei den Bayern normalerweise recht gut.